An der Universität Leipzig gibt es eine Professur für Onomastik (Namenskunde). Im Jahre 2003 wurde an diesem Institut ein Gutachten über den Namen „von Stülpnagel“ angefertigt. Allerdings war das Ergebnis nicht sehr aussagekräftig und auch historisch unstimmig, so dass es nicht unkommentiert veröffentlicht werden kann. Insofern werden hier nur Auszüge erwähnt:

Grundsätzlich handelt es sich bei diesem Familiennamen um eine mehrdeutige Namensform, die zum einen als Berufsname erklärt werden könnte: Hierbei handelt es sich – so das Gutachten – um eine Gruppe von Namen, welche auf alte Berufsbezeichnungen oder auf Tätigkeiten zurückgeht. Eine kleine Gruppe von Berufsnamen benennen in mehr metonymischer Weise eine Person nach dem berufstypischen Produkt bzw. dem berufstypischen Werkzeug der Arbeit wie z.B. dem Hammer(schmied), dem Nagel(schmied) oder dem Kesselring für den Schmied. Es wird hier von sogenannten Berufsübernamen oder indirekten Berufsnamen gesprochen. Als Familienname nach einer Berufsbezeichnung könnte sich der Name Stülpnagel als zusammengesetzte niederdeutsche Namensform erklären. Aus dem Stülp- für verbergen, umstürzender, gewölbter Deckel eines Gefäßes’ (besonders für einen Topfdeckel aus Messing) einerseits und dem – Nagel als Handwerksname für einen (Nagel)-Schmied könnte der Berufsname Stülpnagel auf einen ,Schmied, der Topfdeckel anfertigt’ geschlossen werden.

Als sogenannter Satzname würde der Name ,mit hohlem, dummen Kopf nageln’ bedeuten, so das Gutachten. Auch die Interpretation Stülpnagel als Übername nach einem auffälligen körperlichen Merkmal bzw. auffälligem Verhalten wird diskutiert. Hier wird der Name neben den anderen bekannten Nachnamen Recknagel, Spannagel und Wackernagel gestellt, die im Grundwort -nagel auf die obszöne Bedeutung „Penis“ zurückgeführt werden.

Diese Interpretationen dürften auf den Ursprung des Familiennamens „v. Stülpnagel“ so aber nicht zutreffen. Zum einen ist es historisch geradezu ausgeschlossen, dass ein Abkömmling eines „Topfdeckelschmiedes“ am Anfang des 14. Jahrhunderts als Uradeliger mit einem Rittergut in der Uckermark belehnt wurde. Ebenso ist es sehr unwahrscheinlich in dieser Zeit, dass sich ein mit einem Rittergut belehnter Mann aus dem Geschlecht der v. Jagow oder v. Uchtenhagen nach seinem Penis benannte bzw. benannt wurde. Abgesehen davon entspräche es auch nicht der Vorsilbe „von“, die sich ja im Sinne von „aus dem Orte“ herleitet. Adelige Namen einer Berufsbezeichnung oder einer Körpereigenschaft hat es in der Zeit noch nicht gegeben. Dies war erst später beim „Briefadel“ der Fall. Da es sich bei der Familie v. Stülpnagel um eine uradelige Familie handelt, die urkundlich 1321 in der Uckermark erstmalig erscheint, können die oben beschriebenen Namensvarianten aus historischen Gründen als nicht möglich ausscheiden.

Es müssen, um die Herkunft der Familie und damit auch den Namen zu erklären, die historischen Gesichtspunkte mit berücksichtigt werden. Den Namen nur onomastisch als Berufsnamen, Satznamen oder als Übernamen erklären zu wollen, greift ganz ohne Zweifel zu kurz. Die Adeligen siedelten an strategisch wichtigen Orten. Ein v. Uchtenhagen benannte sich zwischen 1235 und 1250 nach dem Orte Jagow. Dieser wiederum liegt unmittelbar neben Taschenberg und wird in Zusammenhang mit der Familie v. Stülpnagel erstmalig 1375 benannt.4 Taschenberg gilt als das Stammgut der Familie v. Stülpnagel, obwohl die Stülpnagel in ihren ersten urkundlichen Erwähnungen mit dem Orte Schönwerder, heute zu Prenzlau gehörig, in Verbindung gebracht werden. Und ein Johannis de Stulpenaghel (V) war Voigt in Kummerow bei Demmin. Taschenberg war von 1375 bis 1886 (mit einer kleinen Unterbrechung) im Besitz des Geschlechts v. Stülpnagel. Zwischen der ersten urkundlichen Erwähnung der Stülpnagel und dem ersten Beleg dafür, dass sie Besitz in Taschenberg hatten, liegen über 50 Jahre. Daraus ist wohl zu schließen, dass der Ort Taschenberg nicht ursächlich mit der Herkunft des Geschlechts v. Stülpnagel in direktem Zusammenhang steht. Der „Ort“, nach dem die Stülpnagel sich „von“ nannten, mag irgendwo in der Uckermark, in Vorpommern oder im östlichen Mecklenburg zu suchen sein. Andererseits fällt auf, dass das Stammgut der Stülpnagel Taschenberg unmittelbar neben Jagow liegt. Stülpnagels und Jagows mit ihrer Wappengleichheit unmittelbar nebeneinander… Und das Fehlen urkundlicher Erwähnungen – hier Taschenberg als ursprünglicher Lehnsort der Stülpnagel – heißt bekanntlich noch nicht, dass das Nichterwähnte auch nicht existiert hat; es ist eben nur nicht urkundlich zu belegen! Das onomastische Gutachten geht auf Anregung Karl Heinrichs (XV, 306) auf eine Passage ein, auf die schon Carl-Heinrich (XIII, 216) im ersten Band der  Familiengeschichte aufmerksam machte:

Interessant ist Ihre Betrachtung, dass sich der Name Stülpnagel aus dem älteren Stolpnagel entwickelt haben könnte. Die Verwandtschaft von mittelniederdeutsch stulpne ‚ Umstürzen und stolpe(n) ‚Balken, Pfosten liegt in der indoeuropäischen Wurzel *selb-, *stelp- zu *stel- stellen, aufstellen; stehend, unbeweglich, steif; Ständer, Pfosten Stamm, Stiel‘ begründet und findet sich dadurch auch in altnordisch stolpi,Pfeiler, Säule’schwedisch stolpe,Pfosten, Stange, Pfahl‘ sowie außergermanisch litauisch stulbas,Pfosten, Pfeiler, Säule‘, russisch stolb, Säule, Pfeiler. In den nachweisbaren Ortsnamen Stolp, Stolpe in Brandenburg, Mecklenburg und Pommern sowie Stülpe in Brandenburg handelt es sich vorwiegend um Orte, die an einem Gewässer liegen, vgl. auch Stolp-Kanal, Stolpsches Loch, Stolper Loch, Stolpsee, Stolper See, Stülper-See oder Stolpstrom in Brandenburg. Die altpolabische [Sprache der „Elbslaven“ im heutigen Gebiet von Brandenburg und Sachsen] Rundform, die hierfür angesetzt wird, lautet *Stolp- zu *stolp , Vorrichtung im Fluss zum Fischfang, vgl. polnisch, niedersorbisch slup, obersorbisch stolp, tschechisch sloup.

Anderen Interpretationen folgend könnte es sich bei einigen dieser Orte um Ableitungen zum o.g. Lexem für ,Pfahl, Pfoste‘ handeln, so bei Stolp (Slupsk) in Pommern, wo ein ,Straßenpfosten, der einst auf den Flussübergang hingewiesen hat‘ zugrunde liegen könnte. Man kann den Namen jedoch auch als ,mit Pfosten, Pfählen befestigte Anlage‘ erklären, wobei der erhöhte Schutz vor einem nahe liegenden Gewässer motivierend gewesen sein könnte, z.B. Stolpe a. d. Oder in der Uckermark. Inwieweit dies für alle Stolp-Orte zutrifft, dürfte eine Untersuchung über Straßen und Wege im Mittelalter darlegen. Problematischer ist in diesem Zusammenhang das Grundwort -nagel.

Soweit das namenskundliche Gutachten aus Leipzig.

Es scheint, dass die Annahme von Carl-Heinrich (XIII, 216), dass „Stapel“ oder „Stolp“ ein Pfahl ist bzw. eine mit Pfählen umgebene Umfriedung, eine Gerichtsstätte o.ä. gewesen sein könnte, und dass große Pfähle, aus denen später die Rolandssäulen entstanden sein sollen und evtl, als „Nagel“ bezeichnet wurden, auch heute keine neuen Gesichtspunkte hinzuzufügen sind. Der Gedanke, eine ,mit Pfählen befestigte (Gerichts)stätte‘ mit ihrem Pfahl in der Mitte als den „Stolpenagel“ zu bezeichnen, mag nahe liegen, ist aber bis heute nicht zu belegen. Jedoch erscheint diese Namensdeutung bisher als die Sinnvollste für eine uradelige Familie.

Die Belehnung in unmittelbarer Nähe eines Stolpenagels hätte dann zu dem ,von‘ (im Sinne von „aus, in der Nähe von“) als Name geführt. So gibt es im LK Teltow-Fläming ein Ort Stülpe, der 1221 erstmals als Stolp Erwähnung findet und – in 180 km östlicher Richtung – südlich von Berlin liegt.

Trotz all dieser Informationen muss hier im Endeffekt jedoch leider aus der Familienchronik zitiert werden:

Aber dennoch bleibt die Bedeutung des Namens v. Stülpnagel im Dunkel des Mittelalters verborgen.

Schade eigentlich…